Als Unternehmerin oder Unternehmer in Österreich spüren Sie es täglich: Der Wind hat sich gedreht. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind so herausfordernd wie seit Jahrzehnten nicht mehr.
Es ist kein Gefühl, sondern Fakt: Österreichs Wirtschaft verharrt in einer hartnäckigen Rezession, die in eine Stagnation überzugehen droht. Nach dem realen Schrumpfen des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in den vergangenen zwei Jahren ist auch für heuer kaum eine nennenswerte Erholung in Sicht. Die negativen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen – verursacht durch Konflikte, Protektionismus und eine langjährige Defizitpolitik – bringen alle Unternehmen, insbesondere aber den Mittelstand, an ihre Belastungsgrenzen.
„Um handlungsfähig zu werden, ist es entscheidend, die Schlagworte zu entmystifizieren und in ein klares, schrittweises Framework einzuordnen.“
Angesichts des Kostendrucks ist es entscheidend, den Hebel genau dort anzusetzen, wo die größte Entlastung entsteht. Es geht darum, Ihre wertvollen Mitarbeiter von zeitraubender Bürokratie zu befreien und sie dort einzusetzen, wo sie den höchsten Wert schaffen: bei Ihren Kunden, Produkten und Innovationen. Unser Ansatz dafür ist ein bewährter Drei-Stufen-Prozess:
- Prozess Digitalisierung – Digitales Fundaments
- Prozess Automatisierung – Steigerung der Effizienz
- Künstliche Intelligenz Einführung – Komplexe Prozesse Optimieren
Die Diskussion um Künstliche Intelligenz ist oft von komplexen Begriffen und einem Hype geprägt, der viele Unternehmer abschreckt. Es entsteht der Eindruck, es handle sich um eine unüberwindbare technologische Hürde, die immense Investitionen und hochspezialisiertes Wissen erfordert. Diese Wahrnehmung führt oft zu einer Lähmung, bei der wertvolle Potenziale ungenutzt bleiben. Um handlungsfähig zu werden, ist es entscheidend, die Schlagworte zu entmystifizieren und in ein klares, schrittweises Framework einzuordnen. Für Sie als Entscheider bedeutet das: Sie müssen nicht den ganzen Berg auf einmal erklimmen. Der Weg ist inkrementell, und auf jeder Stufe wird greifbarer Mehrwert geschaffen.
Stufe 1 – Prozessdigitalisierung
Alles beginnt mit der Digitalisierung. Dies ist der grundlegende und nicht verhandelbare erste Schritt. Hier geht es darum, analoge Informationen und manuelle Abläufe in eine digitale, strukturierte Form zu überführen. Denken Sie an Papierrechnungen, die in physischen Ordnern abgelegt werden, an handgeschriebene Notizen, an Excel-Listen, die per E-Mail verschickt werden. Prozessdigitalisierung bedeutet, diese analogen Inseln aufzulösen.
Beispiel: Eine eingehende Papierrechnung wird nicht mehr abgeheftet, sondern gescannt und als digitale PDF-Datei in einem zentralen System gespeichert. Ein Bestellformular wird nicht mehr per Fax empfangen, sondern über ein Online-Portal digital erfasst.
Dieser Schritt muss nicht „intelligent“ sein. Es geht schlicht darum, die Basis zu schaffen – Daten in einer Form verfügbar zu machen, die von Maschinen gelesen und verarbeitet werden kann. Ohne dieses Fundament ist jede weitere Stufe undenkbar. Unserer erfahrung nach besteht meisten hier der größte Handlungsbedarf.
Stufe 2 – Prozessautomatisierung
Auf dem Fundament der digitalisierten Prozesse setzt die Automatisierung an. Hier kommen Technologien wie Robotic Process Automation (RPA) ins Spiel. Dabei handelt es sich um Software-„Roboter“, die regelbasierte, sich wiederholende und vorhersagbare Aufgaben ausführen, die zuvor von Menschen erledigt wurden. Die Devise lautet: „Dasselbe tun, nur automatisch.“ Automatisierung zielt direkt auf die Reduktion von administrativem Aufwand und die Steigerung der Effizienz.
Beispiel: Die ERP Lösung öffnet die zuvor digitalisierte Rechnungs-PDF, liest mittels Texterkennung (OCR) den Kreditor, das Datum und den Betrag aus und trägt diese Daten vollautomatisch in die entsprechenden Felder Ihrer Buchhaltungssoftware ein – ein Prozess, der zuvor Minuten an manueller Tipparbeit erforderte. Eine Anbindung durch z.B. finAPI erlaubt den Abgleich der Ein- und Ausgangsrechnungen mit dem Bankkonto und markiert zahlungen in der Buchhaltung entsprechend.
Die Prozessautomatisierung ist der erste große Hebel zur Kostensenkung. Sie reduziert Fehler, beschleunigt Abläufe und setzt wertvolle menschliche Kapazitäten für komplexere Aufgaben frei.
Stufe 3 – Künstliche Intelligenz
Künstliche Intelligenz ist die fortschrittlichste Stufe. Während die Automatisierung starren Regeln folgt, können KI-Systeme aus Daten lernen, Muster erkennen, Vorhersagen treffen und sich an neue, unbekannte Situationen anpassen. KI kann mit Mehrdeutigkeit umgehen und Entscheidungen treffen, die über eine reine „Wenn-Dann-Logik“ hinausgehen. KI-Agenten können rechercheintensive Prozesse reduzieren, Analysen vorlegen regelmäßige Aufgaben den Mitarbeitern abnehmen. Hier werden nicht nur Kosten gesenkt, sondern strategische Wettbewerbsvorteile geschaffen.
Beispiel: Ein KI-System verarbeitet nicht nur die Rechnung, sondern analysiert auch die historischen Ausgabendaten Ihres Unternehmens. Es erkennt eine ungewöhnlich hohe Rechnung von einem bekannten Lieferanten und markiert diese zur Überprüfung. Es prognostiziert auf Basis aller eingehenden und ausgehenden Rechnungen den zukünftigen Cashflow. Es schlägt sogar den optimalen Zahlungszeitpunkt vor, um Skonti auszunutzen und gleichzeitig die Liquidität zu schonen.
Viele KMU scheitern an der „KI-Berg-Falle“: Sie blicken auf die Komplexität der Stufe 3 und entscheiden, dass der gesamte Aufstieg zu mühsam ist. Dabei übersehen sie die enormen und schnell realisierbaren Vorteile der Stufen 1 und 2. Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, diesen Weg als eine schrittweise Entwicklung zu verstehen. Beginnen Sie mit der Digitalisierung Ihrer Kernprozesse. Automatisieren Sie die repetitiven Aufgaben. Damit schaffen Sie nicht nur sofortigen Mehrwert, sondern auch die Datenbasis und das Prozessverständnis, um in einem dritten Schritt gezielt Künstliche Intelligenz dort einzusetzen, wo sie den größten strategischen Nutzen stiftet.
Der Weg in die KI-gestützte Zukunft: Ein 6 Schritte-Fahrplan
Die Erkenntnis, dass KI und Digitalisierung notwendig sind, ist der erste Schritt. Die Umsetzung ist die eigentliche Herausforderung. Viele Unternehmer zögern, weil der Weg unklar und komplex erscheint. Doch die Einführung von KI muss kein Sprung ins kalte Wasser sein. Mit einem strukturierten, pragmatischen Ansatz können Sie die Risiken minimieren und den Nutzen maximieren. Dieser 6-Schritte Fahrplan dient als Kompass für Ihre Reise und zeigt, wie Sie Ihr Unternehmen sicher und erfolgreich in die digitale Zukunft führen.
Schritt 1: Analyse & Priorisierung
Versuchen Sie nicht, alles auf einmal zu digitalisieren. Ein solcher Ansatz führt zu Überforderung, verschwendeten Ressourcen und gescheiterten Projekten. Beginnen Sie stattdessen mit einer ehrlichen Bestandsaufnahme Ihrer aktuellen Prozesse. Erstellen Sie eine „Prozesslandkarte“ und identifizieren Sie die größten Engpässe, die zeitintensivsten manuellen Aufgaben und die fehleranfälligsten Abläufe. Fragen Sie sich: Wo verlieren wir am meisten Zeit und Geld? Welcher Prozess verursacht die größte Frustration bei Mitarbeitern oder Kunden? Priorisieren Sie die Bereiche mit dem höchsten Automatisierungspotenzial und dem klarsten, messbarsten Mehrwert. Ein klar definierter Schmerzpunkt ist der beste Ausgangspunkt für eine erfolgreiche Digitalisierungsinitiative.
Schritt 2: Klein anfangen, groß denken
Statt einer großflächigen, riskanten Einführung empfiehlt sich der Start mit einem fokussierten und überschaubaren Pilotprojekt. Wählen Sie einen klar abgegrenzten Prozess aus Ihrer Prioritätenliste und implementieren Sie dort eine erste Lösung. Das Ziel ist es, schnell erste Erfahrungen zu sammeln, die Machbarkeit zu beweisen und einen konkreten Erfolg vorweisen zu können. Ein erfolgreiches Pilotprojekt hat eine enorme interne Wirkung: Es baut Akzeptanz im Team auf, zerstreut Ängste und liefert wertvolle Erkenntnisse für die schrittweise Skalierung auf andere Unternehmensbereiche. Es ist der beste Weg, die Investition zu de-risken und eine positive Dynamik für den Wandel zu erzeugen.
Schritt 3: Daten sind das (alte) neue Gold
Eine der wichtigsten, aber oft übersehenen Wahrheiten lautet: Künstliche Intelligenz ist nur so gut wie die Daten, mit denen sie trainiert wird. Wenn Ihre Daten unstrukturiert, von schlechter Qualität oder in isolierten Systemen, „Datensilos“ gefangen sind, wird selbst die beste KI-Lösung scheitern. Bevor Sie also in komplexe Algorithmen investieren, müssen Sie Ihr Datenfundament schaffen. Das bedeutet, relevante Datenquellen zu identifizieren, für eine hohe Datenqualität zu sorgen und eine Infrastruktur aufzubauen, die einen einfachen und sicheren Zugriff auf diese Daten ermöglicht. Dieser Schritt ist die oft unsichtbare, aber absolut entscheidende Vorarbeit für jeden nachhaltigen KI-Erfolg.
Schritt 4: Die Menschen mitnehmen
Die größte Hürde bei der Einführung von KI ist selten die Technologie selbst, sondern der Faktor Mensch. Fehlendes Fachwissen im Unternehmen und die Angst der Mitarbeiter vor Veränderung oder dem Verlust ihres Arbeitsplatzes sind die häufigsten Gründe für das Scheitern von Digitalisierungsprojekten. Deshalb ist ein aktives Change Management unerlässlich. Kommunizieren Sie offen und transparent über die Ziele und Vorteile des Projekts. Binden Sie die Mitarbeiter, die die Prozesse am besten kennen, von Anfang an in die Gestaltung mit ein. Investieren Sie gezielt in die Weiterbildung Ihres Teams, um Berührungsängste abzubauen und die notwendigen digitalen Kompetenzen aufzubauen.
Institutionen wie das WIFI bieten hierfür bereits spezialisierte Kurse an, vom „KI-Führerschein“, „KI im Marketing“ (unser Managing Partner Norbert Mach kann im Herbst 2025 in diesem Kurs als Trainer angetroffen werden) bis hin zum zertifizierten KI-Beauftragten.
Eine offene, lernbereite Kultur ist der Schlüssel, um das volle Potenzial der Technologie zu entfalten.
Schritt 5: Sicher navigieren
Der Einsatz von KI ist kein rechtsfreier Raum. Mit dem EU AI Act und der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) existieren klare regulatorische Rahmenbedingungen, deren Missachtung teuer werden kann. Als verantwortungsbewusster Unternehmer müssen Sie diese Aspekte von Beginn an mitdenken. Legen Sie klare interne Richtlinien für den Umgang mit KI fest. Seien Sie transparent gegenüber Ihren Kunden, wenn und wie KI eingesetzt wird. Achten Sie penibel auf den Datenschutz, insbesondere bei der Verarbeitung personenbezogener Daten. Seien Sie sich der Risiken von algorithmischer Voreingenommenheit („Bias“) bewusst und stellen Sie sicher, dass Ihre KI-Systeme faire und nicht-diskriminierende Ergebnisse liefern. Eine proaktive Auseinandersetzung mit diesen Themen schützt nicht nur vor rechtlichen Konsequenzen, sondern stärkt auch das Vertrauen Ihrer Kunden und Mitarbeiter.
Schritt 6: Unterstützung nutzen
Sie müssen diese Reise nicht alleine und nicht zur Gänze aus eigener Tasche finanzieren. Österreich verfügt über ein ausgezeichnetes Ökosystem an Förderungen, das speziell darauf ausgelegt ist, KMU bei der digitalen Transformation zu unterstützen. Diese Programme senken die finanzielle Eintrittsbarriere erheblich und machen Investitionen in Technologie auch für kleinere Unternehmen realisierbar. Informieren Sie sich über die zentralen Angebote:
- aws Digitalisierung: Mit Programmen wie AI-Start (für den erstmaligen Einsatz von KI) und AI-Adoption (für innovative KI-Vorhaben) bietet die Austria Wirtschaftsservice GmbH direkte Zuschüsse.
- KMU.DIGITAL: Eine Initiative der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) und des Bundesministeriums, die sowohl Beratungsleistungen als auch die konkrete Umsetzung von Digitalisierungsprojekten mit bis zu 50 % der Kosten fördert.
- FFG-Programme: Die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) bietet zahlreiche Programme, die von der anwendungsorientierten Forschung bis hin zu industrienahen Dissertationen im KI-Bereich reichen.